Archiv:
BilderGeschichte
Vorwort von Marco Ratschiller, ehemaliger
Chefredaktor «Nebelspalter»
Mit seiner «BilderGeschichte» setzt sich Oliver Schopf nicht nur
mit den grossen Fragen und Sorgen des Menschlichen und
Allzumenschlichen auseinander – er setzt zudem auch einen
alten humortheoretischen Lehrsatz ausser Kraft: Kein Witz ohne Wissen.
Diese beiden Begriffe gehen nicht zufällig auf dasselbe
althochdeutsche «wizzi» zurück.
Pointen, ob im Cartoon,
im geschriebenen Wort oder auf der Bühne, spielen mit
den Wissensversatzstücken des Publikums, kombinieren diese
überraschend neu und sorgen so für Erheiterung und neue Einsichten.
Man muss – diese Gesetzmässigkeit vor Augen – kein Kulturpessimist sein,
um generelle Entwicklungen des Humors der letzten Jahrzehnte
nachvollziehen zu können. Die Suche nach dem schwindenden
gemeinsamen Nenner im Publikum führt in einer immer komplexeren,
pluralistischeren Gesellschaft mit ihrer Beschleunigung und Leichtflüchtigkeit
zwangsläufig von Kabarett zu Comedy, von der Kolumne zum Kalauer
und von der doppelbödigen Karikatur zum stereotypen Cartoon.
Im «Nebelspalter» hat Oliver Schopf den Beweis angetreten,
dass es auch anders geht. Das traditionsreiche Schweizer Satiremagazin
ist mit seiner monatlichen Erscheinungsweise quasi dazu verdammt,
Ereignisse und Debatten in einer Form aufzugreifen, die klar über der
Halbwertszeit von Gags in Tageszeitungen und Facebook-Einträgen liegen.
In jeder «BilderGeschichte» gelingt das Kunststück, gleichzeitig verdichtet
«Wissen» und «Witz» zu vermitteln.
Schopf versteht es so, zu den
unterschiedlichsten Themen historische Zusammenhänge, Analogien
und anthropologische Konstanten aufzuarbeiten, die im klassischen
Korsett der Karikatur nicht unterzubringen wären. Nicht selten wird ein
Leser durch ein solches «Tableau» animiert, sein spezifisches Wissen
anschliessend selbst weiter zu vertiefen. Spasseshalber habe ich
Oliver Schopf bereits mehrmals «Meister des volkspädagogischen Cartoons»
genannt. Spasseshalber? Vielleicht sollte er sich diesen Ehrentitel schon
mal auf Wikipedia verschlagworten lassen.
(Mai 2011)